Der Aschermittwoch der Jesiden

Fasten Eziden 2021

Am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit der Christen und dauert bis Ostern. Die der Muslime findet im Monat Ramadan statt. Juden haben gleich mehrere religiöse Feiertage an denen sie fasten. Auch Aleviten und Bahai fasten – ebenso die Jesiden. Enthaltsamkeit und weniger Nahrung spielen auch für Hindus und Buddhisten eine bedeutende Rolle. In vielen Religionen findet sich also dieser Brauch wieder – dadurch soll die Seele gereinigt, der Glaube wieder gestärkt und die Gläubigen näher zu Gott gebracht werden. 

Am heutigen Tag beginnt jedenfalls die Fastenzeit der Jesiden. Diese dauert drei Wochen an und geht jeweils von Dienstag bis Donnerstag, um dann am Freitag das Fasten zu brechen. Am ersten Freitag wird das Şêşims-, am zweiten das Xwedan- und am dritten das Ezid-Fest zu Ehren Gottes gefeiert. Letzteres stellt den wichtigsten Feiertag in der Religion dar. Hier wird gesungen und getanzt. Dazu werden Familie, Freunde und Nachbarn eingeladen. 

In unserem Beitrag „Das Ezid-Fest der Jesiden“ aus dem letzten Jahr sind wir bereits näher auf das Jesidentum und die dazugehörige Tradition des Fastens eingegangen. Vor kurzem hatten wir das große Glück und durften Gast in der ezidischen Gemeinde in Celle sein. Aus den gemeinsamen Gesprächen haben wir erfahren, dass ihnen selbst der Begriff Êzîdî am liebsten ist, sodass wir diesen auch zukünftig verwenden möchten.

Durch das Treffen im ezidischen Kulturzentrum und der unendlichen Offenheit der Gemeinde konnten wir nun endlich all die Fragen stellen, die uns schon so lange auf der Seele brannten. Während des intensiven Austauschs mit Xate, Dervis und Rozerin haben wir unheimlich viel über diese faszinierende Kultur erfahren.

Gerne möchten wir einige unserer Eindrücke mit euch teilen: 

Wusstet ihr, dass die Wurzeln dieser Religion bis etwa 2000 Jahre v. Chr. reichen und es neben Gott keinen Teufel gibt? Vielmehr glauben sie, dass Gott einzig, allmächtig und allwissend ist. Er gilt als der alleinige Schöpfer allen Lebens. Demgegenüber steht also kein Widersacher, der ähnliche oder sogar gleiche Macht und Stärke besitzt. Außerdem verehren die Eziden neben Gott auch die Sonne und weitere Elemente der Natur. Dabei wird dem Engel „Tausî Melek“ eine zentrale Bedeutung zugesprochen. Dennoch zählen sich die Gläubigen zu einer monotheistischen Religion. Zudem vertreten die Eziden nicht die Auffassung, dass sie andere Menschen von ihrer eigenen Religion überzeugen müssen. Vielmehr verstehen sie sich als grundsätzlich tolerante Gemeinschaft, die stets offen gegenüber anderen Religionen ist. So heißt es bspw. in einem ihrer Gebete: „Lieber Gott, schütze erst die 72 Völker und dann uns.“ 

Das waren nur einige der vielen und tiefgründigen Erkenntnisse, die wir an diesem Tag mitnehmen durften. Abschließend haben wir noch den ezidischen Friedhof in Hannover Lahe besucht. Für uns war es eine besondere Erfahrung, denn nie zuvor haben wir gesehen oder eine Idee davon gehabt, wie die ezidische Gemeinschaft ihre Toten ehrt und die Gräber liebevoll verziert. Wir waren überwältigt von der durch und durch bunten sowie freundlichen Grabgestaltung. Jedes Grab hatte seine ganz persönliche Note – es war beeindruckend. So haben auch wir für uns erfahren, welche Symbole wir in unserem Konfigurator noch aufnehmen können, um auch ein angemessenes und würdevolles Angebot für eben diese „kleine“ sowie gastfreundliche Gemeinschaft anbieten zu können. Der Individualität noch mehr Raum und Möglichkeiten bieten  – das ist schließlich unser Wunsch für alle Menschen dieser Erde.

Mit diesem Beitrag können wir die Religion zwar längst nicht im Detail erklären, aber wieder ein paar kleine, wissenswerte Informationen über die Eziden und deren Glauben mit euch teilen. Die Geschichte der Jesiden ist eine lange Geschichte von Verfolgung und Vertreibung. Leider ist daher auch nur recht wenig in der Öffentlichkeit über diese Glaubensgemeinschaft bekannt. Mit unseren Beiträgen möchten wir immer mal wieder über eben genau diese – noch recht unbekannten, aber dennoch wundervollen Kulturen – erzählen.